Dienstag, 28. Oktober 2014
LA WALLY in Mannheim
Premierenerlebnis von Catalanis „La Wally“ in Mannheim
Am Freitag den 24 Oktober 2014 erlebte ich die lang erwartete italienische Opernpremiere von Catalanis „La Wally“ (bekannt als „Die Geierwally“ nach W.v.Hillern) im Nationaltheater Mannheim und ging mit sehr gemischten Gefühlen noch anschließend zur Premierenfeier ins Werkhaus.
Wieso sehr gemischte Gefühle? Ich erlebte es live, was das morgenweb am Samstag den 25 Oktober berichtete: „Nachdem der Vorhang nach dem vierten Akt der Oper "La Wally" (1892) des italienischen Komponisten Alfredo Catalani gefallen war, lieferten sich die Besucher im voll besetzten Opernhaus am Goetheplatz mehr als zehn Minuten lang ein eifriges Gefecht aus Buh- und Bravorufen sowie anderen Äußerungen.“
Auch ich gehörte zu den Buh-rufern, was sich ausschließlich auf die Inszenierung von Herrn Tilman Knabe bezog. Wie es Mannheim zwar schon oft beweisen konnte, haben wir immer wieder gute Ensemblebesetzungen, ein gutes Orchester sowie einen herausragenden Chor, aber leider dominieren seit Jahren die modernen Inszenierungen das Operngeschehen.
Die Opernwerke der alten Meister (Verdi, Catalani, Puccini und andere) werden in der heutigen Zeit so verunstaltet, das gar kein Bezug mehr zu der eigentlichen Handlung mehr besteht und erst wenn das Publikum am Ende sich entzweit hat und auch Buh-rufe erschallen, dann ist die Regie und komischerweise auch die Intendanz zufrieden. Anscheinend ist es gar nicht mehr gewünscht, dass sich das Opernpublikum einstimmig über eine schöne klassische Inszenierung freuen darf, sondern nur noch kontrovers diskutierbare Inszenierungen gefördert werden. Die meisten Opern haben einen historischen Hintergrund als Handlung und auch die Musik ist genau für diese Situationen geschrieben worden und soll gewisse emotionale Situationen hervorrufen, die aber in dieser Aufführung zerstört wurden. Daher sollte auch zukünftig der Originalinhalt der Opern beibehalten werden, ansonsten werde ich mir diese Inszenierungen nicht mehr antun und nur noch in konzertante Vorstellungen gehen. Ich weiß nicht genau wie die jüngere Generation dazu steht (ein paar sind ja für moderne Inszenierungen), ob es aber der italienischen Oper insgesamt zum weiteren Erfolg verhilft, so habe ich da meine Bedenken.

Die schlechteste Inszenierung der Oper „La Wally“
Bei der „Opernkurzeinführung im Foyer“ im Nationaltheater Mannheim am 24 Oktober 2014 vor der eigentlichen Aufführung wurde dem Publikum, welches den Komponisten und seine Oper noch nicht kannte, der Inhalt der Oper zwar erklärt , aber was man später auf der Bühne erlebte passte inhaltlich überhaupt nicht dazu, irritierte und hätte von der Inszenierung eher in ein Musical gepasst, als zu einer Oper.
Die Handlung, die eigentlich im Bereich der Gemeinde Sölden im Tiroler Ötztal spielt, wird vom Regisseur Tilman Knabe in die 1968er der Bundesrepublik Deutschland verlegt und in mehreren nicht nachvollziehbaren Zeitsprüngen (20J + 15J + 9J später) als Entwicklung der Protagonistin Wally von der Hippiezeit zur Geschäftsfrau in der WALLY-AG bis hin zur 60jährigen geistig verwirrten und alkoholabhängigen Pennerin dargestellt (Ob dies genau seiner Intention entspricht ist aber unklar).
Im 1.Akt treten Wally und Walter als joint-rauchender Hippie auf und Giuseppe Hagenbach ist Anführer einer Rockergang, der von der Erschießung eines Bären berichtet. Beim Schießwettbewerb wird nicht auf eine Zielscheibe geschossen, sondern es fällt urplötzlich ein toter Geier auf die Bühne (eine Anspielung auf die Geierwally) – was soll dass denn?
Im 2.Akt wird zwar die Kußszene (als Wette vorher abgesprochen) zwischen Wally und Giuseppe Hagenbach dargestellt, jedoch nicht wie ursprünglich auf dem Volksfest sondern nach regieimmanenter Firmenfeier mit albernem Faschingstanz in der WALLY-AG. Am Ende wird Giuseppe Hagenbach umgebracht, was sich aber erst später in Akt 3+4 erschließen lässt, was die Regie damit eigentlich bezwecken will.
Im 3.Akt träumt Wally von Giuseppe Hagenbach, der als Geist in der WALLY-AG umherläuft , aber eigentlich durch Gellner von einer Brücke in die Schlucht gestoßen wird und auch noch sein Ahhhh (als Schreckensausruf) beim Absturz singt (jedoch weiß dies nur der Kenner der Originalhandlung). Auch die Rettung von Giuseppe Hagenbach aus der Schlucht ist nicht nachvollziehbar, nachdem sich Wally in ein Feuerwehrtuch stürzt, danach von Sanitätern behandeln lässt und als Heldin gefeiert wird. Wo ist Giuseppe Hagenbach? Ach ja – es ist ja alles nur imaginär.
Im 4.Akt sieht man Wally mit Walter (der vom Knaben in Akt 1+2 plötzlich in Akt 3+4 zur Frau wurde) zusammen (beide alt und gebrechlich) aber Giuseppe Hagenbach, der nur noch in Wally‘s Wahnvorstellungen umhergeistert, singt unsichtbar seinen Part weiter und wird von einer Lawine erfasst, die man akustisch zwar gut hört aber sich szenisch überhaupt nicht erschließt. Auch die erscheinenden Frauen und Männer aus dem 1 Akt (bestimmt keine Anspielung auf die „Saligen“ im Original) und die Gruppierung junger Menschen ganz am Ende um Wally herum, ergeben für mich keinen Sinn und irritieren nur! Wally bleibt zurück in einer Zwangsjacke und der Mund ist rot verschmiert – was soll das wieder ausdrücken? Und auch das hat mit dem Original null zu tun.
Man hätte noch mehr Beispiele nennen können, was aber den Rahmen hier sprengen würde. Ich habe jedoch keine Lust mich mit solchen modernen und mit Selbstbeweihräucherung vertretenen Inszenierungen zu beschäftigen. Man geht eigentlich in eine Oper um das Original des Komponisten zu erleben (akustisch und optisch) – also mit klassischer und stimmiger Inszenierung, wenn man sich schon mit dem Werk inhaltlich auseinandergesetzt hat.
Die beste Inszenierung einer Wally-Oper war immer noch die von Klagenfurt neben weiteren Aufführungen die ich gesehen habe, wie z.B. in Bern, Bregenz, Düsseldorf-Duisburg und Hamburg (hier in dt.). Hoffentlich wird sich in der Zukunft mal wieder ein Regisseur finden, der im Stil von Franco Zeffirelli inszenieren möchte und dies auch handwerklich versteht. Meiner Meinung nach wünscht sich die die Mehrheit der Operngänger sowie auch einige Opernsänger wieder solche Inszenierungen, aber sie trauen sich nicht dies einzufordern und streben weiterhin wie Lämmer in die Aufführungen bzw. nehmen weiterhin die Engagements an. Übrigens war das Opernhaus nicht voll ausverkauft – doch schon erste Anzeichen eines Zuschauerschwundes bzw. zu wenig Werbung?
So kann es nicht weitergehen und es müssen neue Konzeptionen zum Erhalt der „italienischen Opernkultur“ entwickelt werden.

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